BEIM GALADINNER

heinz.rogel
3 min readAug 25, 2017

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“WILLKOMMEN IN DER SCHÖNSTEN VILLA MALLORCAS. Fühlen Sie sich wie zu Haus. Gregor, bringen Sie den Herrschaften eine Erfrischung. Darf es ein fürstlicher Cocktail sein? Ein Smoothie für die Dame?”

“An die zwanzig Birkin-Taschen von Hermès soll sie haben. Das Stück zu dreißig Mille.”

“Dreißig Mille?”

“Dreißig Mille. Und DU? Du kriegst schon Pickel, wenn ich mit’ner billigen Sonnenbrille von Gucci heimkomme.”

“Ein zauberhaftes Sommermodell, das Sie da tragen, Madame. Von Lagerfeld, oder?”

“Das mit dem Hotelbetten-Stopp, das ist doch bloß’n Hoax. Lassen Sie sich da keinen Bären aufbinden, old boy.”

“Oder’ne Ente.”

“Was?”

“Eine Zeitungsente.”

“Ach so, ja. Wie gesagt, alles bloß Gerede. Geben Sie dem Bürgermeister höflich die Hand, gut geölt natürlich, und bauen Sie Ihr Hotel.”

“Alles klar, die Herren? Sie amüsieren sich fürstlich? Wie ich sehe, sind Ihre Gläser leer. Gregor, bitte.”

“Dabei stehen ihr figurbetonte Sachen absolut nicht.”

“Absolut nicht!”

“Da nützen auch die Tücher nichts. Und dann die unmöglichen Farben.”

“Unmöglich!”

“Mallorca ist irgendwie ein Traum. Alles irgendwie Sommer, Sonne, Strand.”

“Einfach absägen lassen. Und schon haben Sie Ihren Meerblick.”

“Genau. Und wenn einer was dagegen hat, dann kommen Sie mit dem Feuerbakterium.”

“Aber die ganzen Grünen hier. Und die Linken. Das ganze junge Gesocks neuerdings in den Rathäusern.”

“Fitness mit Elektroimpulsen.”

“Und Fettzellenentleerung per Schallwellen.”

“Zwei Pools auf zwei Etagen, einer davon vier Meter tief. Wollen Sie sich’s mal anschauen, Madame?”

“Ich? Mit meinen High Heels?”

“Kein Problem. Dort drüben steht der Golfcart.”

“Und dann kommt der Alte mit fünf Tänzerinnen an. Und mit fünf Leuten von der Produktionsfirma. Und schmeißt mich von meiner eigenen Jacht runter.”

“Mallorca, das ist DIE Destination. Da spürst du Kulturdichte. Und zugleich deine Einmaligkeit. Mallorca, da ist die Poesie perfekt.”

“Ich mag eher so den fruchtigen, beerigen Ton.”

“Das hat schon was. Irgendwie Sommer, Sonne, Strand.”

“Ich bin eher für schlichte Élégance.”

“Chacun à son goût.”

“Eben.”

“Die Damen amüsieren sich fürstlich? Noch eine Runde Champagner vielleicht?”

“Daimler? Abstoßen! Die Dieselsache, verstehen Sie?”

“Und dann will er mir seinen Panic-Room zeigen und kaum sind wir drin, da probiert er, mir seine Zunge in den Hals zu stecken.”

“So wie der Trump, was?”

“Kannst’n ja auch mal verklagen. Vielleicht springt’n Milliönchen dabei raus.”

“Auf Mallorca? Kannste vergessen.”

“Pink ist meine Lieblingsfarbe. Pink ist dekorativ.”

“Tausend Quadratmeter, gigantische Marmorplatten, lokaler Binissalem-Stein, Infinity-Pool plus Spa mit Sauna.”

“Klimawandel. Wenn ich das schon höre.”

“Und wenn schon. Wozu gibt’s denn Klimaanlagen?”

“Mallorca, da imaginierst du Coolness und zugleich Responsabilität.”

“Der da drüben? Proll-Millionär, 0190er Nummern, Sexhotlines, Haligalli-Drecksau.”

“Wir gehen immer in’s Emilio in der Altstadt. Und ins Ritzi in Puerto Portals.”

“Den Nassau Beach Club haben sie ja momentan dichtgemacht.”

“So’n blaublütiges Powerboot wie das Bugatti, das würde mich schon reizen. Quad-Turbo-W16-Motor.”

“Oder das V48 Open von Princess.”

“Nee, nee. Das is’n zu groß geratener Daycruiser.”

“Dafür hast du aber Platz für drei Kabinen.”

“Alles ein Besitzer. Sehr guter Freund vom Bürgermeister übrigens. Ich wette, dass der ohne Baugenehmigung baut. Aber das interessiert doch niemand.”

“Die mit ihren billigen Antiquitäten. Viel Blingbling und nichts dahinter.”

“Nichts dahinter, nichts dahinter!”

“Ich hol mir meine Dienstmädchen aus dem guten alten Schwabenland. Die sind billiger.”

“Und zuverlässiger.”

“Das können Sie ruhig laut sagen. Diese spanischen Dinger. Melden sich dauernd krank und klauen wie die Raben.”

“Und sprechen noch nicht mal Deutsch.”

“Da gibt’s’ne kleine Bucht, das ist unser Hausstrand.
Weil da spürst du das mallorquinische Ambiente so deutlich.”

“Komm doch auch mal in unser kleines Dorf. Haben wir alles selbst renoviert. So was von Idylle. Der Inbegriff von Mallorca. Stimmt’s oder hab ich recht, Baby?”

“Stimmt. Echter Hotspot.”

“Ein öffentlicher Wanderweg auf meinem Grundstück? Wo gibt’s denn so was?”

“Auf Mallorca.”

“Lassen Sie sich was einfallen, damit Sie den Weg sperren können.”

“Alles irgendwie Sommer, Sonne, Strand.”

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