VORSICHT DUMMHEIT!
ERSTENS, FÜNFTENS UND DRITTENS
Es ist Hochsaison auf Mallorca und Volkers Gattin wagt sich weder mit dem Fahrrad noch mit dem Wagen auf die Straßen von Cala Ratjada. Denn Volker hat sie über die fünf Grundgesetze der menschlichen Dummheit aufgeklärt. Schon das erste Gesetz hat ihr Angst gemacht: “1. Stets und unvermeidlich wird die Zahl der im Umlauf befindlichen dummen Menschen unterschätzt.” In der Vor- und Nachsaison sei das schlimm genug, erklärte ihr Volker, doch wenn auf einmal die zehnfache Zahl von Idioten auf einen losgelassen werde, dann könne man seines Lebens nicht mehr sicher sein.
Erst recht hat Volkers fünftes Dummheitsgesetz dazu beigetragen, dass seine Gattin sich im Moment nicht aus dem Haus traut: “5. Eine dumme Person ist der gefährlichste Typ aller Personen.” Gefährlicher als beispielsweise ein Krimineller, erläuterte Volker, denn ein Krimineller sei immerhin berechenbar, da er den eigenen Vorteil im Blick habe. Ein dummer Mensch hingegen — und hier zitierte Volker das dritte Gesetz der Dummheit — sei jemand, der “3. …einer anderen Person Schaden zufügt, ohne selber dabei Gewinn zu erzielen”. Dieses Gesetz fand Volkers Gattin zwar ebenfalls beunruhigend, doch es bestärkte sie zumindest darin, dass sie selbst kein dummer Mensch sein könne. Wenn sie jemandem Schaden zufüge, sagte sie sich, dann wolle sie auch was davon haben. Volker zum Beispiel könne ein Lied davon singen.
Die übrigen zwei Gesetze beunruhigten sie nicht ganz so sehr: “2. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Person dumm ist, besteht unabhängig von jeder anderen Eigenschaft dieser Person.” Das leuchtete Volkers Gattin ohne Weiteres ein. Sie dachte dabei an ihren ach so schlauen Hausarzt, der alle paar Wochen mit Beulen und Schrammen oder einem geschienten Handgelenk in der Praxis herumläuft, weil er mal wieder seinen Harley-Ofen zerlegt hat. Und “4. Menschen, die nicht dumm sind, unterschätzen stets das Gefährlichkeitspotential dummer Menschen”, dieses Gesetz könne unmöglich auf sie zutreffen, hat sie sich beruhigt, deswegen verbringe sie ja die Hochsaison in den eigenen vier Wänden.
Sie steht am Herd und brät in ihrer Lieblingspfanne Volkers Lieblings-Salchichas. Da es auch ihre persönlichen Lieblings-Salchichas sind, will sie eine ganze Menge davon braten. Ihre Lieblingspfanne ist aber zu klein dafür, so dass sie die Salchichas in drei Schichten braten muss. Als sie gerade bei der dritten Schicht angelangt ist, betritt Volker die Küche, um seiner Lieblingsbeschäftigung an diesem Ort nachzugehen: in die Töpfe zu gucken. Noch bevor seine Gattin ihn warnen kann, fasst er den Glasdeckel der Pfanne an, der nach drei Schichten Salchichas höllisch heiß geworden ist. Mit einem Schrei lässt er den Deckel fallen, bringt die Pfanne damit zum Tanzen und schüttet so einen Schwung flüssiges Salchicha-Fett auf die Kochplatte. Das Fett beginnt sofort zu rauchen und schickt sich an, zum Ausgangspunkt eines hübschen Herdfeuers zu werden. Die beiden greifen beide zuerst nach wenig, dann nach noch weniger und schließlich nach den am wenigsten geeigneten Mitteln, um das Fett von der Kochplatte zu befördern. Und schaffen es gemeinsam, die Pfanne umzustürzen, sich dabei gegenseitig höllisch heißes Fett über die Finger zu spritzen und ein hübsches Herdfeuer zu entzünden.
Sie sind sich anschließend nicht darüber einig, nach welchem Gesetz der andere seine Dummheit zu bemessen habe.